Trotz seiner dichten Besiedlung spielen Landwirtschaft und Forstwirtschaft in Nordrhein-Westfalen eine wichtige Rolle. So auch im Kreis Recklinghausen, wo rund 35 % der Fläche landwirtschaftlich genutzt wird und ein Viertel aus Wald besteht. Sowohl Landwirtschaft als auch Forstwirtschaft werden stark von Klima und Wetter beeinflusst. Ändern sich Temperatur, Niederschlag oder auch der CO2-Gehalt in der Atmosphäre, hat dies einen direkten Einfluss auf das Pflanzenwachstum und den Ertrag. Die Daten des LANUV geben Hinweise, wie sich die die Folgen des Klimawandels für die Land- und Fortwirtschaft bereits jetzt bemerkbar machen und welche Handlungsansätze sich daraus ableiten lassen.

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Darum geht's

Gut zu wissen

Welche Klimafolgen gibt es für die Land- und Forstwirtschaft?

Landwirtschaft:

  • Längere Vegetationszeiten
  • Veränderungen der Nährstoffverfügbarkeit
  • Erntausfälle infolge von extremen Witterungen (u.a. Hitze, Spätfrost, Nässe und Trockenheit)
  • Erhöhter Bewässungsbedarf in Trockenperioden
  • Erhöhter Bodenabtrag durch Starkregenereignisse
  • Herausforderungen durch neue Krankheiten und Schädlinge

Forstwirtschaft:

  • Ernteausfälle durch extreme Witterungen (u.a. Trockenheit, Stürme)
  • Steigende Waldbrandgefahr
  • Zunahme von Schädlingen wie Borkenkäfer oder Eichenprozessionsspinner

Forstwirtschaft

Einzelne Waldgebiete im Kreis Recklinghausen bei Dürre gefährdet

Immer häufiger fällt ein Großteil der jährlichen Niederschläge im Winter und nicht während der Vegetationsperiode. In den Jahren 2018 und 2019 gab es erstmalig seit 1976 großflächige Dürreperioden in Deutschland, die sowohl den Oberboden als auch die gesamte Bodentiefe betroffen haben. Der Sommer und Herbst 2018 waren die trockensten Jahreszeiten seit 1951 (Beginn des Dürremonitors). Die ausgetrockneten Bodenwasserspeicher können sich erst durch langanhaltenden und in ausreichender Menge vorhandenen Niederschlag wieder erholen. Wie anfällig einzelne Gebiete für längere Trockenphasen sind, hängt insbesondere von den Bodenverhältnissen ab. Gerade auf Böden, die das Wasser unzureichend halten können, können Ernteausfälle in der Landwirtschaft und Baumschäden in der Forstwirtschaft die Folge sein.

Das LANUV NRW hat für die Forststandorte eine Einschätzung der Dürreempfindlichkeit erarbeitet. Für die Großlandschaft Westfälische Bucht, in der der Kreis Recklinghausen liegt, werden etwa zwei Drittel (66,1%) der Waldflächen als geringgradig empfindlich gegenüber Trockenheit eingestuft. Hingegen weisen 11,3 % der Wälder eine hohe bis sehr hohe Dürreempfindlichkeit auf. Insbesondere der nördliche Bereich des Kreisgebietes weist größere Anteile an dürreempfindlichen Forststandorten auf. Dazu zählen vor allem das nördliche und östliche Stadtgebiet von Haltern am See (Halterner Borkenberge, Waldgebiete in der Heubachniederung, Westruper Heide) sowie das westliche Randgebiet von Dorsten (Üfter Mark). Weitere kleinere Bereiche mit geringer bis mittlerer Empfindlichkeit befinden sich in Marl, Oer-Erkenschwick und Datteln.

Dürreempfindlichkeitskarte der forstlichen Standorte

Die Daten werden vom Geologischen Dienst NRW erhoben und in der "Dürreempfindlichkeitskarte für forstliche Standorte" dargestellt. Für die Bestimmung der Dürreempfindlichkeit wird anhand verscheidener Parameter der Gesamtwasserhaushalt eines Standorts berechnet und in fünf Werteklassen eingeteilt: hoch, (sehr) trocken (1), hoch (2) mittel bis hoch (3), gering bis mittel (4), gering (5). Die Karte gibt allerdings keine Informationen zum aktuellen Bodenfeuchte- bzw. Dürrezustand der Böden an, ebenso sind die landwirtschaftlich genutzten Flächen und bereits entstandene Schäden nicht inbegriffen.

Karte Dürreempfindlichkeit von Wäldern im Kreis Recklinghausen

Legende

Forstwirtschaft

Waldbrandgefahr nimmt stetig zu

Die Waldbrandgefahr wird in fünf Gefahrenstufen eingeteilt, von Stufe 1 (sehr geringe Gefährdung) bis Stufe 5 (sehr hohe Gefährdung). Je höher also die Anzahl der Tage mit Gefahrenstufe 4 und 5 ist, desto höher ist die Waldbrandgefahr. Die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten zeigt, dass die Anzahl der Tage mit geringen Gefahrenstufen (1 + 2) in NRW abgenommen hat, nämlich von im Mittel 192 Tagen (Referenzperiode 1961-1990) auf 174 (1991-2020). 

Umgekehrt gab es eine stetige Zunahme an Tagen mit hohen Gefahrenstufen (4 + 5). Während im Zeitraum 1961-1990 im Mittel an nur 10 Tagen erhöhte Waldbrandgefahr vorherrschte, waren dies 1991-2020 doppelt so viele (21). In den besonders trockenen und heißen Jahren 2018, 2019 und 2020 war die Waldbrandgefahr besonders hoch: Mit 63 Tagen wurden 2018 das erste Mal seit Beginn der Messungen mehr als 50 Tage der Waldbrandstufen 4 und 5 gemessen. Darauf folgte direkt 2019 mit 47 Tagen und 2020 mit 52 Tagen.

Waldbrandgefährdungen und Klimafolgen

Klimatische Veränderungen wie erhöhte Temperaturen und rückläufige Niederschläge in den Frühjahrs-, Sommer- und Herbstmonaten und die dadurch verstärkte Verdunstung und Trockenheit wirken sich auch auf Waldlebensräume aus. Risikountersuchungen sagen für die kommenden Jahrzehnte ein steigendes Waldbrandrisiko für Deutschland voraus. Auch wenn die Niederschläge in manchen Regionen steigen, wird das durch die zunehmende Verdunstung voraussichtlich ausgeglichen.

Indikator Waldbrandgefahr

Die Information über Waldbrandgefährdungen wird vom Deutschen Wetterdienst (DWD) nach verschiedenen Modellen berechnet. Im Klimafolgenmonitoring wird der Kanadische Fire Weather Index dargestellt, der u.a. die Lufttemperatur, die relative Luftfeuchte, die Niederschlagssummen und die Windgeschwindigkeit berücksichtigt. Die Auswertung beruht auf 15 Klimamessstationen des DWD für den Zeitraum 1961 bis heute und wird als Mittelwert aller Stationen dargestellt. Für die Darstellung werden jeweils die Stufen geringer Gefährdung (1+2) und die hoher Gefährdung (4+5) zusammengefasst. Die ablesbaren Entwicklungstrends sind nach dem Mann-Kendall-Test statistisch hochsignifikant.

Landwirtschaft

Wachstumsphasen bei Nutzpflanzen beginnen früher

Verschiedene Messreihen legen die Vermutung nahe, dass sich das Eintrittsdatum bestimmter Phasen in der Pflanzenentwicklung durch die Folgen des Klimawandels nach vorne verschiebt. Beispielhaft hat sich die Apfelblüte seit 1951 in Nordrhein-Westfalen fast elf Tage verfrüht. Lag der Blühbeginn der Apfelbäume zwischen 1951 und 1980 im Mittel am 3. Mai (123. Tag des Jahres), so lag der Wert in der Referenzperiode 1991-2020 bereits am 23. April (113. Tag des Jahres). 2014 war das erste Jahr der Messreihe, in dem die Apfelblüte in Nordrhein-Westfalen bereits vor dem 10. April (100. Tag im Jahr) begann.

Auch bei den für die NRW-Landwirtschaft besonders relevanten Feldfrüchten Mais und Winterweizen zeigen sich ähnliche Trends in der Entwicklung. Die Aussaat von Mais verfrühte sich zwischen 1951 und 2019 um knapp sechs Tage, nämlich vom 2. Mai (1951-1980) auf den 26. April (1991-2020). Genauso beim Winterweizen, wo die Aussaat zwischen 1951 und 2020 im Mittel sieben Tage früher statt fand (19. Oktober gegenüber 12. Oktober).

Phänologische Beobachtungen und Klimafolgen

Insbesondere in gemäßigten Klimazonen wie in Mitteleuropa ist die Temperatur ausschlaggebend für die Pflanzenentwicklung und den Eintritt in verschiedene Wachstumsphasen (=Phänologie). Vor allem die Frühlingsphasen zeichnen sich durch eine starke Korrelation mit der Temperatur aus, während der Eintritt der Herbstphasen von zahlreichen anderen Faktoren (z.B. Niederschlagsmenge im Sommer, Einstrahlung etc.) mitbestimmt wird. Aus langjährigen Beobachtungen kann der Einfluss veränderter klimatischer Bedingungen auf die Entwicklung von Pflanzen und Ökosystemen ermittelt werden. Anders als direkte Temperaturmessungen spiegelt die Phänologie also eine Reaktion der Natur auf ihre Umwelt wider. Daher ist sie ein wichtiger und besonders sensitiver Bioindikator für den Klimawandel.

Indikator Apfelblüte

Die Apfelblüte zeigt den Eintritt des sogenannten Vollfrühlings an. Im Klimafolgenmonitoring NRW wird der Kalendertag des Blühbeginns als Indikator verwendet. Das Beobachtungsnetz umfasst NRW-weit seit 1951 etwa 700 Stationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), von denen noch 77 aktiv sind. Aus den Einzelwerten werden jahresweite NRW-Mittelwerte gebildet, die für die einzelnen Klimanormalperioden weiter aggregiert werden.

Indikatoren Mais und Winterweizen

Ähnlich dem Indikator Apfelblüte wird auch die phänologische Entwicklung der Leitkulturen Mais und Winterweizen durch den DWD beobachtet und dokumentiert. Das Gebietsmittel NRW ergibt sich aus den Einzelwerten von 60 bis 70 Messstationen in NRW.

Handlungsansätze + Maßnahmen

Wie Land- und Forstwirtschaft mit den Klimafolgen umgehen können

Wesentliche Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Umgang mit dem Klimwandel sind u.a.:

  • Erhalt und Schutz von Boden mit natürlich hohem Wasserspeichervermögen und Grundwasseranschluss
  • Erhöhung des Humusanteils in allen land- und forstwirtschaftlich genutzten Böden
  • gezielte Bewässerung von Kulturen in der Landwirtschaft zur Verminderung von Ernteschäden
  • geeignete Wahl trockenresistenter und wärmetoleranter Baumarten im Waldbau

Weitere Informationen

Datenquellen