Aktuelle Daten des LANUV zeigen, wie der Klimawandel im Bereich Umwelt bereits spürbar ist und welche Maßnahmen nötig sind. In NRW gibt es rund 40.000 Pflanzen-, Pilz- und Tierarten, deren Verbreitung sich durch veränderte Klimabedingungen wandeln kann. Auch Land- und Forstwirtschaft sind betroffen: Temperatur, Niederschlag und CO2-Gehalt beeinflussen Pflanzenwachstum und Ertrag. Im Kreis Recklinghausen, wo 35 % der Fläche landwirtschaftlich genutzt und ein Viertel bewaldet ist, sind die Auswirkungen besonders relevant.
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Darum geht's
- Welche Klimafolgen gibt es für die Umwelt?
- Wie verändern sich die Vegetationsperioden in der Pflanzenwelt?
- Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf die Lebensräume von Tieren, z.B. Vögeln?
- Wie verändern sich die Wachstumsphasen von Nutzpflanzen aufgrund von Klimaveränderungen?
- Welche Bereiche im Kreis Recklinghausen sind besonders von Dürreperioden betroffen?
- Inwieweit steigt die Waldbrandgefahr aufgrund von Trockenphasen?
- Welche Handlungsansätze gibt es?
Gut zu wissen
Welche Klimafolgen gibt es für die Land- und Forstwirtschaft?
Pflanzen- und Tierwelt
- Verschiebung von Lebensräumen von Tieren und Pflanzen
- Abwanderung kälteliebender Arten in höhere Breiten oder Höhenlagen
- Einwanderung und Ausbreitung wärmeliebender Arten (meist von Süden her)
- Verlängerung der Vegetationsperiode aufgrund höherer Lufttemperatur
- bei Hitze Austrocknen von Wasserflächen, Feuchtgebieten und Böden
- Erhöhte Evapotranspiration (Verdunstung)
Landwirtschaft:
- Längere Vegetationszeiten
- Veränderungen der Nährstoffverfügbarkeit
- Ernteausfälle infolge von extremen Witterungen (u.a. Hitze, Spätfrost, Nässe und Trockenheit)
- Erhöhter Bewässerungsbedarf in Trockenperioden
- Erhöhter Bodenabtrag durch Starkregenereignisse
- Herausforderungen durch neue Krankheiten und Schädlinge
Forstwirtschaft:
- Ernteausfälle durch extreme Witterungen (u.a. Trockenheit, Stürme)
- Steigende Waldbrandgefahr
- Zunahme von Schädlingen wie Borkenkäfer oder Eichenprozessionsspinner
Vegetationsperioden
Kürzere Winter sorgen für längere Vegetationsphasen
Die Beobachtung der phänologischen Vegetationsperiode zeigt beispielhaft, wie Pflanzen und damit die Ökosysteme auf die veränderten Umweltbedingungen reagieren. Die Länge der Vegetationsperiode hat zwischen 1951 und 2023 im Mittel um 13 Tage zugenommen. Betrug sie im Zeitraum 1951 bis 1980 noch 206 Tage, lag das Mittel 1994 bis 2023 bereits bei 219 Tagen. Mit 235 Tagen dauerte die Vegetationsperiode insbesondere 2020 ungewöhnlich lang.
Betrachtet man die einzelnen Jahreszeiten genauer, fällt auf, dass sich insbesondere der Winter deutlich verkürzt hat. Gab es 1951 bis 1980 noch 115 phänologische Wintertage, waren es 1991-2020 nur noch 91. Hingegen dauern der Frühling und insbesondere der Herbstlänger an, während der Sommer annähernd konstant geblieben ist.
Im Vergleich zu 1951-1980 beginnt der Frühling nun deutlich eher, im Mittel um 18 Tage. Dies trifft auch auch den Herbst (14 Tage) und den Sommer (12 Tage) zu, während der Winter gleichzeitig etwas später beginnt (6 Tage).
Phänologische Jahreszeiten und Klimafolgen
Das Eintrittsdatum bestimmter Phasen in der Pflanzenentwicklung (=Phänologie) wird maßgeblich von der Temperatur beeinflusst. Aus langjährigen Beobachtungen kann damit der Einfluss veränderter klimatischer Bedingungen auf die Entwicklung von Pflanzen und Ökosystemen ermittelt werden. Anders als direkte Temperaturmessungen spiegelt die Phänologie aber eine Reaktion der Natur auf ihre Umwelt wider. Daher ist sie ein wichtiger und besonders sensitiver Bioindikator für den Klimawandel.
Indikator Vegetationsperiode
Die Dauer der Vegetationsperiode wird durch die Zeitspanne zwischen dem (relativ frühen) Blühbeginn der Salweide und der Blattverfärbung der Stieleiche als phänologischer Zeiger für den Eintritt des Spätherbstes definiert. Als Indikator wird die Länge der Vegetationsperiode (Kalendertag Blattverfärbung Stieleiche minus Kalendertag Blühbeginn Salweide) als Gebietsmittel für NRW verwendet.
Indikator Phänologische Jahreszeiten
Der Beginn der phänologischen Jahreszeiten wird durch den Eintritt bestimmter Phasen in der Pflanzenentwicklung begrenzt. Diese phänologischen Zeiger sind für den Frühlingsbeginn der Blühbeginn der Hasel, für den Sommerbeginn der Blühbeginn des Schwarzen Holunders, für den Herbstbeginn die beginnende Fruchtreife beim Schwarzen Holunder und für den Beginn des Winters der Blattfall der Stieleiche.
Klimasensitive Vogelarten
Wärmeliebende Vogelarten breiten sich in NRW aus
Die untersuchten Zeitreihen zeigen als Ergebnis der Ökologischen Flächenstichprobe, dass sich die wärmeliebenden Arten im Mittel in NRW ausbreiten, während die eher kälteliebenden Arten zurückgehen. Zu den von steigenden Mitteltemperaturen profitierenden Vogelarten zählen viele Standvögel, also Vögel, deren Brut- und Überwinterungsgebiet örtlich zusammen fallen.
Ein Grund für deren positive Bestandsentwicklung ist das vermehrte Ausbleiben strenger Winter, in denen üblicherweise die größten Verluste heimischer Arten zu verzeichnen sind. Für einige Spätbrüter wie z.B. die Mehlschwalbe führen möglicherweise wärmere, trockenere und länger andauernde Sommer zu höherem Bruterfolg und damit zu positiven Brutbestandsentwicklungen.
Vogelarten und Klimafolgen
Durch ansteigende Temperaturen und Niederschläge ändern sich nicht nur die Lebensbedingungen von Vögeln, sondern auch ihre Lebensräume und Artengefüge. Vögel können darauf reagieren, indem sie ihren Jahreszyklus anpassen (z.B. früherer Brutbeginn) oder bei sehr starken Veränderungen neue Regionen besiedeln. Nach derzeitigem Kenntnisstand hat der Klimawandel auf die Verbreitung und Populationsgrößen der Brutvogelarten in NRW einen unterschiedlich großen Einfluss. Bei vielen Arten wird dieser Einfluss sehr stark durch die Art und Intensität der Landnutzung überlagert. Beide Faktoren sind nur schwer voneinander zu trennen, was die Analyse der Effekte von Klimaveränderungen auf die Biodiversität zu einer anspruchsvollen Aufgabe macht.
Indikator Klimasensitive Vogelarten
Der Indikator bildet Verschiebungen in Artengemeinschaften durch Änderungen der Temperatur ab. Als Datengrundlage dienen die landesweit repräsentativen Brutvogeldaten aus der Ökologischen Flächenstichprobe (ÖFS), das Basisjahr ist 2006. Dabei werden Arten, die relativ hohe durchschnittliche Temperaturwerte (über 13 °C) von Arealen bevorzugen, in einer Gruppe zusammengefasst (u.a. Grünspecht, Pirol und Steinkauz). Eine weitere Gruppe wird gebildet, die eher in Arealen mit kühleren Bedingungen vorkommen (unter 11 °C) (u.a. Wintergoldhähnchen, Tannenhäher oder Weidenmeise). Daneben wird eine Gruppe mit neutralen Arten identifiziert (u.a. Kohlmeise, Buchfink, Amsel und Mönchsgrasmücke). Die Bestandsentwicklung wird anhand der Häufigkeit des Vorkommens (Abundanz) jährlich berechnet und im Vergleich zum Basisjahr 2006 dargestellt.
Landwirtschaft
Wachstumsphasen bei Nutzpflanzen beginnen früher
Verschiedene Messreihen legen die Vermutung nahe, dass sich das Eintrittsdatum bestimmter Phasen in der Pflanzenentwicklung durch die Folgen des Klimawandels nach vorne verschiebt. Beispielhaft hat sich die Apfelblüte seit 1951 in Nordrhein-Westfalen um zwölf Tage verfrüht. Lag der Blühbeginn der Apfelbäume zwischen 1951 und 1980 im Mittel am 3. Mai (123. Tag des Jahres), so lag der Wert in der Referenzperiode 1991-2020 bereits am 23. April (113. Tag des Jahres). 2014 war das erste Jahr der Messreihe, in dem die Apfelblüte in Nordrhein-Westfalen bereits vor dem 10. April (100. Tag im Jahr) begann.
Auch bei den für die NRW-Landwirtschaft besonders relevanten Feldfrüchten Mais und Winterweizen zeigen sich ähnliche Trends in der Entwicklung. Die Aussaat von Mais verfrühte sich zwischen 1951 und 2019 um knapp sechs Tage, nämlich vom 2. Mai (1951-1980) auf den 26. April (1991-2020). Genauso beim Winterweizen, wo die Aussaat zwischen 1951 und 2020 im Mittel sieben Tage früher statt fand (19. Oktober gegenüber 12. Oktober).
Phänologische Beobachtungen und Klimafolgen
Insbesondere in gemäßigten Klimazonen wie in Mitteleuropa ist die Temperatur ausschlaggebend für die Pflanzenentwicklung und den Eintritt in verschiedene Wachstumsphasen (=Phänologie). Vor allem die Frühlingsphasen zeichnen sich durch eine starke Korrelation mit der Temperatur aus, während der Eintritt der Herbstphasen von zahlreichen anderen Faktoren (z.B. Niederschlagsmenge im Sommer, Einstrahlung etc.) mitbestimmt wird. Aus langjährigen Beobachtungen kann der Einfluss veränderter klimatischer Bedingungen auf die Entwicklung von Pflanzen und Ökosystemen ermittelt werden. Anders als direkte Temperaturmessungen spiegelt die Phänologie also eine Reaktion der Natur auf ihre Umwelt wider. Daher ist sie ein wichtiger und besonders sensitiver Bioindikator für den Klimawandel.
Indikator Apfelblüte
Die Apfelblüte zeigt den Eintritt des sogenannten Vollfrühlings an. Im Klimafolgenmonitoring NRW wird der Kalendertag des Blühbeginns als Indikator verwendet. Das Beobachtungsnetz umfasst NRW-weit seit 1951 etwa 700 Stationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), von denen noch 77 aktiv sind. Aus den Einzelwerten werden jahresweite NRW-Mittelwerte gebildet, die für die einzelnen Klimanormalperioden weiter aggregiert werden.
Indikatoren Mais und Winterweizen
Ähnlich dem Indikator Apfelblüte wird auch die phänologische Entwicklung der Leitkulturen Mais und Winterweizen durch den DWD beobachtet und dokumentiert. Das Gebietsmittel NRW ergibt sich aus den Einzelwerten von 60 bis 70 Messstationen in NRW.
Forstwirtschaft
Einzelne Waldgebiete im Kreis Recklinghausen bei Dürre gefährdet
Immer häufiger fällt ein Großteil der jährlichen Niederschläge im Winter und nicht während der Vegetationsperiode. In den Jahren 2018 und 2019 gab es erstmalig seit 1976 großflächige Dürreperioden in Deutschland, die sowohl den Oberboden als auch die gesamte Bodentiefe betroffen haben. Der Sommer und Herbst 2018 waren die trockensten Jahreszeiten seit 1951 (Beginn des Dürremonitors). Die ausgetrockneten Bodenwasserspeicher können sich erst durch langanhaltenden und in ausreichender Menge vorhandenen Niederschlag wieder erholen. Wie anfällig einzelne Gebiete für längere Trockenphasen sind, hängt insbesondere von den Bodenverhältnissen ab. Gerade auf Böden, die das Wasser unzureichend halten können, können Ernteausfälle in der Landwirtschaft und Baumschäden in der Forstwirtschaft die Folge sein.
Das LANUV NRW hat für die Forststandorte eine Einschätzung der Dürreempfindlichkeit erarbeitet. Für die Großlandschaft Westfälische Bucht, in der der Kreis Recklinghausen liegt, werden etwa zwei Drittel (66,1%) der Waldflächen als geringgradig empfindlich gegenüber Trockenheit eingestuft. Hingegen weisen 11,3 % der Wälder eine hohe bis sehr hohe Dürreempfindlichkeit auf. Insbesondere der nördliche Bereich des Kreisgebietes weist größere Anteile an dürreempfindlichen Forststandorten auf. Dazu zählen vor allem das nördliche und östliche Stadtgebiet von Haltern am See (Halterner Borkenberge, Waldgebiete in der Heubachniederung, Westruper Heide) sowie das westliche Randgebiet von Dorsten (Üfter Mark). Weitere kleinere Bereiche mit geringer bis mittlerer Empfindlichkeit befinden sich in Marl, Oer-Erkenschwick und Datteln.
Dürreempfindlichkeitskarte der forstlichen Standorte
Die Daten werden vom Geologischen Dienst NRW erhoben und in der "Dürreempfindlichkeitskarte für forstliche Standorte" dargestellt. Für die Bestimmung der Dürreempfindlichkeit wird anhand verscheidener Parameter der Gesamtwasserhaushalt eines Standorts berechnet und in fünf Werteklassen eingeteilt: hoch, (sehr) trocken (1), hoch (2) mittel bis hoch (3), gering bis mittel (4), gering (5). Die Karte gibt allerdings keine Informationen zum aktuellen Bodenfeuchte- bzw. Dürrezustand der Böden an, ebenso sind die landwirtschaftlich genutzten Flächen und bereits entstandene Schäden nicht inbegriffen.
Karte Dürreempfindlichkeit von Wäldern im Kreis Recklinghausen
Forstwirtschaft
Waldbrandgefahr nimmt stetig zu
Die Waldbrandgefahr wird in fünf Gefahrenstufen eingeteilt, von Stufe 1 (sehr geringe Gefährdung) bis Stufe 5 (sehr hohe Gefährdung). Je höher also die Anzahl der Tage mit Gefahrenstufe 4 und 5 ist, desto höher ist die Waldbrandgefahr. Die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten zeigt, dass die Anzahl der Tage mit geringen Gefahrenstufen (1 + 2) in NRW abgenommen hat, nämlich von im Mittel 192 Tagen (Referenzperiode 1961-1990) auf 174 (1991-2020).
Umgekehrt gab es eine stetige Zunahme an Tagen mit hohen Gefahrenstufen (4 + 5). Während im Zeitraum 1961-1990 im Mittel an nur 10 Tagen erhöhte Waldbrandgefahr vorherrschte, waren dies 1991-2020 doppelt so viele (21). In den besonders trockenen und heißen Jahren 2018, 2019 und 2020 war die Waldbrandgefahr besonders hoch: Mit 63 Tagen wurden 2018 das erste Mal seit Beginn der Messungen mehr als 50 Tage der Waldbrandstufen 4 und 5 gemessen. Darauf folgte direkt 2019 mit 47 Tagen und 2020 mit 52 Tagen.
Waldbrandgefährdungen und Klimafolgen
Klimatische Veränderungen wie erhöhte Temperaturen und rückläufige Niederschläge in den Frühjahrs-, Sommer- und Herbstmonaten und die dadurch verstärkte Verdunstung und Trockenheit wirken sich auch auf Waldlebensräume aus. Risikountersuchungen sagen für die kommenden Jahrzehnte ein steigendes Waldbrandrisiko für Deutschland voraus. Auch wenn die Niederschläge in manchen Regionen steigen, wird das durch die zunehmende Verdunstung voraussichtlich ausgeglichen.
Indikator Waldbrandgefahr
Die Information über Waldbrandgefährdungen wird vom Deutschen Wetterdienst (DWD) nach verschiedenen Modellen berechnet. Im Klimafolgenmonitoring wird der Kanadische Fire Weather Index dargestellt, der u.a. die Lufttemperatur, die relative Luftfeuchte, die Niederschlagssummen und die Windgeschwindigkeit berücksichtigt. Die Auswertung beruht auf 15 Klimamessstationen des DWD für den Zeitraum 1961 bis heute und wird als Mittelwert aller Stationen dargestellt. Für die Darstellung werden jeweils die Stufen geringer Gefährdung (1+2) und die hoher Gefährdung (4+5) zusammengefasst. Die ablesbaren Entwicklungstrends sind nach dem Mann-Kendall-Test statistisch hochsignifikant.

Klimatlas.NRW
Weitere Indikatoren zum Thema Umwelt
Weitere spannende Indikatoren und ausführliche Datenreihen finden sich im Bereich Klimafolgen- und Anpassungsmonitoring im Klimaatlas.NRW.
Handlungsansätze + Maßnahmen
Wie Land- und Forstwirtschaft mit den Klimafolgen umgehen können
Geeignete Maßnahmen für Tier- und Pflanzenwelt sind u.a.:
- Verringerung vorhandener Stressfaktoren für Arten und Lebensräume
- Aufbau eines Biotopverbundes (an Land und in Flüssen)
- Erhalt und Schutz insbesondere von Feuchtlebensräumen
- Renatierung von Gewässern
- Anpassung der Schutzziele von Naturschutzstrategien
Geeignete Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft sind u.a.:
- Erhalt und Schutz von Boden mit natürlich hohem Wasserspeichervermögen und Grundwasseranschluss
- Erhöhung des Humusanteils in allen land- und forstwirtschaftlich genutzten Böden
- gezielte Bewässerung von Kulturen in der Landwirtschaft zur Verminderung von Ernteschäden
- geeignete Wahl trockenresistenter und wärmetoleranter Baumarten im Waldbau